Das
Kammergericht hat entschieden, dass die Schwere der Tat grundsätzlich
die Beiordnung eines Pflichtverteidigers auch im Jugendstrafrecht
jedenfalls dann gebietet, wenn nach den Gesamtumständen eine
Freiheitsentziehung von mindestens einem Jahr zu erwarten ist oder
jedenfalls angesichts konkreter Umstände in Betracht kommt. Bei
dieser Straferwartung handelt es sich jedoch nicht um eine starre
Grenze. Es sind auch sonstige Umstände zu berücksichtigen, die im
Zusammenhang mit der verhängten bzw. drohenden Strafe dazu führen
können, dass die Mitwirkung eines Verteidigers auch bei einer
niedrigeren Strafe geboten erscheint. Hierzu zählt auch ein
möglicher Bewährungswiderruf. Gerade im Jugendstrafrecht ist wegen
der in der Regel geringen Lebenserfahrung eines Jugendlichen (oder
auch heranwachsenden Angeklagten) und seiner daher größeren
Schutzbedürftigkeit eher die Beiordnung eines Pflichtverteidigers
erforderlich als im Erwachsenenstrafrecht.
Wissenswertes und Neuigkeiten zu rechtlichen Themenbereichen - Erläuterungen von Fachbegriffen - Aktuelles und Spannendes zu den Rechtsgebieten Strafrecht, Jugendstrafrecht, Arbeitsrecht, Verkehrsrecht, Zivilrechtliche Streitigkeiten, Bußgeldverfahren und auch anderen Tätigkeitsbereichen von Rechtsanwalt Axel F. Schierholz aus Berlin (Mitte - Moabit - Tiergarten).
Donnerstag, 27. März 2014
Mittwoch, 19. März 2014
Kammergericht zum Jugendstrafrecht und Jugendverfehlung
Das
Kammergericht hat entschieden, dass ein Heranwachsender einem
Jugendlichen gleich zu stellen ist, wenn er noch ungefestigt und
prägbar ist. Wenn bei ihm noch Entwicklungskräfte im größeren
Umfang wirksam sind und beim Tatrichter nach Ausschöpfung aller
Ermittlungsmöglichkeiten Zweifel verbleiben, muss er die Strafe dem
Jugendstrafrecht entnehmen.
Als
Jugendverfehlung kommt dabei grundsätzlich jede Tat in Betracht, bei
der der Einfluss allgemeiner Unreife des Heranwachsenden wesentlich
mitgewirkt hat. Auch bei solchen Taten, die ihrem äußeren
Erscheinungsbild nach nicht zwingend von jugendlicher Unreife geprägt
sind, kann es sich um Jugendverfehlungen handeln. Dies gilt
insbesondere dann, wenn die Beweggründe für die Tat und die
Veranlassung den Antriebskräften der noch jugendlichen Entwicklung
des Täters entspringen.
Montag, 3. März 2014
Interessante Entscheidungen im Jugendstrafrecht
Das
Amtsgericht Lübeck hat entschieden, dass keine „Schwere der
Schuld“ vorliegt, die zur Verhängung einer Jugendstrafe führt,
wenn ein Heranwachsender eine Woche nach Erteilung der Fahrerlaubnis
aus Übermut einen Unfall verursacht, der zum Tod eines anderen
Verkehrsteilnehmers führt.
Der
BGH hat entschieden, dass die Frage, ob ein heranwachsender Täter
noch einem Jugendlichen gleichsteht, nicht von Reifeverzögerungen im
Tatzeitpunkt im Verhältnis zu einem Jugendlichen abhängig gemacht
werden dürfe. Der Maßstab für die Reifebeurteilung ist nicht das
Zurückbleiben hinter einem imaginären 17-jährigen Jugendlichen.
Maßgebend ist vielmehr, ob sich der einzelne Heranwachsende noch in
einer für Jugendliche typischen Entwicklungsphase befand.
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